Wollen Sie überhaupt, dass sich Bewerber auf Ihre Stellenanzeige bewerben?

Wollen Sie überhaupt, dass sich Bewerber auf Ihre Stellenanzeige bewerben?

Autorin: Marion Ketteler
Kategorie: Mitarbeiterführung
Lesedauer: 5 Minuten

4 Tipps für richtig gute Stellenanzeigen, mit denen Sie garantiert die passenden Mitarbeiter bekommen.

Lesen Sie hier:

was Sie so alles bei Ihrer Stellenausschreibung falsch machen können.
Und natürlich auch, wie es besser geht.

*Der Einfachheit halber verwende ich im Artikel die männliche Form. Gemeint sind natürlich alle Geschlechter.

Erst letzte Woche habe ich wieder eine dieser grandiosen, fabelhaften und mit viel Mühe gestalteten Stellenanzeigen auf der Homepage einer durchaus nicht ganz kleinen Steuerberatungskanzlei gelesen.
Sinngemäß stand da:

Wir bieten:

  • Leistungsgerechte Bezahlung
  • Einen zukunftsorientierten Arbeitsplatz
  • Gutes Betriebsklima
  • Gute Entwicklungsmöglichkeiten
  • Aufstiegschancen

Ist doch beeindruckend formuliert, oder? Und die in Form von Bullet Points gestaltete Anzeige finde ich mehr als hinreißend (an dieser Stelle weise ich gerne auf meine Neigung zu Ironie hin).

Zugegeben: Es standen zudem noch die Anforderungen, die erwartet wurden. Natürlich mit der Überschrift…., na, wer errät es? Ja, klar:
„Sie bringen mit“, oder auch gerne „Wir erwarten“ und dann folgt die Litanei der fachlichen Berufsausbildung mit perfekten Jahresabschlusskenntnissen, ebenso perfekten Datev Kenntnissen, ach ja, auch noch natürlich ebenso perfekte Kenntnisse in Excel, gute Englischkenntnisse sowieso und so weiter und so fort. Das Übliche, Sie wissen schon.

Daneben noch Teamfähigkeit, Kommunikationsvermögen, Leistungsbereitschaft, Stressresistenz, Bereitschaft zu Überstunden und Mehrarbeit gleich welcher Coleur…. Die Liste ließe sich beliebig und sehr gerne ebenfalls mit Bullet Points weiterführen.

Richtig spaßig fand ich die daran anschließende Idee, dass der Bewerber doch bitte eine „interessante und aussagekräftige“ Bewerbung einreichen möge.

Äh, ich war kurz sprach- und dann ziemlich ratlos.

Wieso sollte sich irgendein, irgendwie gut bis sehr gut qualifizierter Steuerfachangestellter (die weibliche Form ist ebenso gemeint) mit den erwarteten Fähigkeiten und Kenntnissen Mühe mit seiner Bewerbung auf diese Stelle geben?

Ich hoffe, niemand bewirbt sich!

Oder nur der Quereinsteiger mit Umschulung, über 40, besser noch über 50, und Berufsanfänger, der noch nicht weiß, dass sich halb Deutschland um ihn reißen wird, weil der Bewerbermarkt so leergefegt ist, dass Sie weit gucken können, bis Sie irgendjemanden dort rumlaufen sehen.

Wie bitte kommt dieser Stellenausschreiber auf die irrwitzige Idee, dass sich der Bewerber um eine „interessante und aussagekräftige“ Bewerbung bemühen sollte, wenn er es selbst weder für nötig noch für nützlich hält, sich selber ein wenig mehr Mühe zu geben?

Und, wenn wir schon bei den Inhalten sind:
Was heißt denn überhaupt „Gute Entwicklungsmöglichkeiten, Aufstiegschancen etc.“?

Wieso nutzt denn niemand die Chance, sein spezielles, individuelles und einzigartiges Büro so zu beschreiben, dass der Bewerber eine Idee oder, noch besser, eine Vorstellung davon bekommt, für welches Büro er sich bewirbt?

Manchmal denke ich, dass Steuerberater denken, der Speicherplatz auf der eigenen Seite ist so teuer, dass man um jeden Buchstaben ringen muss.

NEIN, ES KOSTET GAR NICHTS!“,

möchte ich Ihnen an dieser Stelle laut zurufen.
Ob Sie Bullet Points verwenden oder ganze Sätze schreiben- keine höheren Kosten.

Ob Sie keine Bilder oder vielleicht ein schickes Bild Ihrer tollen Siebträgerkaffeemaschine posten- keinen Cent teurer!

Oder ob Sie gar ein paar Kollegen zu Wort (und Bild) kommen lassen- auch das ist gratis. Versprochen!

Gut, vielleicht müssen Sie einen Texter bitten, einen knackigen und vor allen Dingen passenden Text zu schreiben und einen Webseitengestalter, der daraus einen wirklich ansprechenden Post macht.

Aber mal ehrlich: Wieso glauben Sie, dass Sie der beste Stellenbeschreiber sind, wenn das Ergebnis eins ist wie oben beschrieben?

Ja, Sie wissen sicherlich, was Sie von Ihrem Bewerber erwarten. Aber das können Sie einem pfiffigen Texter auch so erklären, dass er eine wirklich gute Stellenanzeige daraus macht.
Sie machen ja auch hoffentlich nicht Ihre Visitenkarten selber, nur weil Sie eine Schneidemaschine im Büro haben, oder?

Gut, wenn es denn sein muss und Sie wollen unbedingt selber texten, hier ein paar richtig gute Tipps für Ihre Stellenanzeige, auf die sich Bewerber auch bewerben wollen:

Tipp # 1
Beschreiben Sie Ihr Büro mit guten Bildern

Will sagen: Beschreiben Sie Ihr Büro so, dass ein Bild im Kopf des Lesenden entsteht.
Ist es eine Villa im Stil der 30iger Jahre mit einem schönen Garten, den Ihre Mitarbeiter in der Pause nutzen können oder arbeiten Sie in einem Bürogebäude mitten in der City mit einem Parkplatz in der Tiefgarage und besten Anbindungen an den ÖPNV?

Vielen Mitarbeitern ist es nicht egal, wo und in welchen Räumen sie arbeiten.
Für sie ist es wichtig zu wissen, ob sie mal eben in der Mittagspause ihre Einkäufe erledigen oder im Garten in der Pause mit einem Buch entspannen können.

Wichtig ist auch, wie gut Ihr Büro zu erreichen ist.
In Münster, wo ich lebe, ist es wichtig, gute (bestenfalls sogar überdachte) Fahrradabstellplätze zu haben, weil nahezu jeder Mitarbeiter mit dem Rad kommt.
Vielleicht möchte der perfekte Bewerber bei Ihnen aber lieber einen Tiefgaragenstellplatz, der ihm garantiert, nicht nass zu werden?

Damit nicht genug: Beschreiben Sie auch, wie Ihr Büro innen aussieht. Wie sieht ein gewöhnliches Büro bei Ihnen aus?
Sitzt man eher mit mehreren oder hat man ein Einzelbüro?
Wie ist die Aussicht aus dem Fenster?
Welche Möbel sind bei Ihnen Standard?
Wie sehen die Sozialräume aus?
Sind hübsche Gardinen an den Fenstern und hat der Raum eher eine gemütliche Atmosphäre?

Glauben Sie mir, der „Wohlfühlfaktor“ entscheidet maßgeblich, ob ein Mitarbeiter bei Ihnen bleibt. Oder möchten Sie in einer Abstellkammer im Keller arbeiten, nur weil die Arbeit mega interessant ist? Das hat mit Wertschätzung zu tun und diese drückt sich eben auch in der Gestaltung der Räume aus.

Hier noch ein paar hilfreiche Fragen zur Beschreibung:

  • Dürfen Ihre Mitarbeiter ihre Räume selber gestalten?
  • Wie oft werden neue Möbel oder neue Bürostühle angeschafft?
  • Ist es bei Ihnen möglich, einen Schreibtisch mit Höhenverstellung zu bekommen (wunderbar für kurze, knackige Meetings im Stehen!)?
  • Welche Technik wird eingesetzt?
  • Kann der Mitarbeiter ein zusätzliches Laptop für einen geteilten Arbeitsplatz bekommen?
  • Gibt es Diensthandys?

Und ja: was haben Sie für eine Kaffeemaschine?
Ist es so ein rasantes Gerät, dass auf Knopfdruck alle möglichen Kaffeespezialitäten von sich gibt oder noch eine gute alte Brühkaffeemaschine?
Das sind wichtige Informationen für Ihren zukünftigen Mitarbeiter.

Tipp # 2
Werden Sie konkret

Unter „Entwicklungsmöglichkeiten“, „Aufstiegschancen“ oder einem „zukunftsorientierten Arbeitsplatz“ kann ich alles Mögliche verstehen. Oder auch gar nichts.

Was bedeutet das denn bitte schön?
Schreiben Sie doch statt „Entwicklungsmöglichkeiten“, dass jeder Mitarbeiter bei Ihnen finanzielle und zeitliche Unterstützung erfährt, wenn er sich zum Fachwirt, Steuerberater oder was weiß ich weiterbilden möchte.
Wenn Sie genau wissen, wie Sie unterstützen, schreiben Sie es auch genau auf.
Wenn nicht, machen Sie sich Gedanken oder schreiben es nicht mehr in die Anzeige!

Wenn sich unter „Aufstiegschancen“ die Möglichkeit verbirgt, Teamleiter, Bereichsleiter oder Partner zu werden, warum nennen Sie das Kind dann nicht beim Namen?

Noch einmal: Die Anzahl der Wörter ist egal und glauben Sie mir, wenn das alles nett geschrieben ist, wird es auch gelesen.

Und bitte: Was in Gottes Namen meinen Sie denn bloß mit einem „zukunftsorientierten Arbeitsplatz“? Dass es ihn nächstes Jahr auch noch gibt?
Oder in 5 Jahren?
Oder meinen Sie, dass Sie schon ziemlich digital arbeiten und das auch in Zukunft weiter vorantreiben?
Wenn ja, wie denn?
Sie sehen, wenn ich es schon nicht weiß, wie sollte es denn ein Bewerber wissen?

Tipp # 3
Zeigen Sie sich und Ihre Mitarbeiter

Das meine ich ausnahmsweise wörtlich:
Wenn Sie einen Mitarbeiter für die Fibu Abteilung suchen, machen Sie ein Bild von den Kollegen und stellen Sie es auf Ihrer Seite ein.

Am Besten lassen Sie einen oder zwei auch noch zwei „O-Ton Sätze“ sagen, die Sie mit aufnehmen.

Ein Beispiel?
Gerne:
„Wenn Sie Teil unserer Fibu Abteilung werden möchten, haben Sie es mit diesen Mitarbeitern zu tun“: Hier kommt das Bild

Frau Müller, das ist die zweite von links, sagt über die Abteilung:
„Wir sind ein ganz schön bunter Haufen. Jeder darf hier seine Persönlichkeit zeigen und einsetzen. Wir finden immer wieder einen gemeinsamen Nenner, weil wir uns in den wichtigsten Punkten immer absprechen und darauf achten, dass sich jeder einbringt. Und: wir haben eine ganze Menge Spaß trotz der anspruchsvollen Arbeit miteinander.“

Herr Meier, der stehende Mann auf dem Bild, sagt über die Abteilung:
„Es ist toll, mit so vielen Frauen in einem Team zusammen zu arbeiten. Hier unterstützt jeder jeden und der Chef steht auch hinter uns, wenn es mal eng wird.“

Und ein nettes Bild von Ihnen als Chef(s) wäre auch noch schön. Aber bitte nicht hinter dem Schreibtisch sitzend und mit einem Kuli in der Hand.

Lieber etwas lässiger.
Wie wäre es mit einem Espresso in der Hand wie in diesem Foto?

Welchen Eindruck haben Sie jetzt von diesem fiktiven Büro?
Auf jeden Fall haben Sie jetzt eine Idee, wie das Büro so tickt, welche Menschen hier arbeiten und wie der Ton untereinander ist.
Da brauchen Sie Ihr gutes Betriebsklima überhaupt nicht mehr zu erwähnen.
Es ergibt sich ja schon ganz automatisch aus den O-Tönen.

Tipp # 4
Machen Sie Ihre Motivation deutlich

Vielleicht der schwierigste Tipp, aber auch wichtigste:

Wenn Sie es schaffen, Ihren zukünftigen Mitarbeitern zu erklären, was das große Ganze ist, für das Sie jeden Morgen aufstehen, ziehen Sie ganz automatisch die Bewerber an, die eine ganz ähnliche Selbstmotivation haben.

Das sind keine Mitarbeiter, die einen „Job“ machen wollen, sondern eine Aufgabe übernehmen möchten, die sie selbst und das Unternehmen nach vorne bringt.

Wenn Sie etwa formulieren:
„Unsere Mission ist: Wir arbeiten mit am Erfolg unserer Mandanten“ hört sich das ganz anders an als wenn Sie schreiben: „Sie unterstützen unsere Fibu-Abteilung.“
Natürlich müssen Sie dann auch noch den Erfolg der Mandanten mit Ihrer Leistung konkretisieren.

Ich hoffe, Sie haben eine Idee davon erhalten, was Sie ändern können, damit Sie die für Ihr Unternehmen passenden Bewerber bekommen.

Ein Patentrezept gibt es natürlich nicht. Aber viele gute Möglichkeiten.
Warum Sie keinesfalls mehr auf eine Stellenanzeige in den örtlichen Printmedien setzen sollten, erläutere ich Ihnen in einem anderen Post.

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Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit Ihren Stellenanzeigen und die besten Bewerber, die Sie sich vorstellen können.

Marion Ketteler

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