Was haben Tante-Emma-Läden mit moderner Steuerberatung zu tun?
Autorin: Marion Ketteler
Kategorie: Kanzleiführung
Lesedauer: eher 8-10 Minuten. Sorry, dafür aber auch viele Bilder
Wer mich etwas näher kennt, weiß um meine persönliche Leidenschaft für alles, was mit Kulinarik, Essen und dessen Zubereitung zu tun hat.
So ist es auch nicht verwunderlich, dass ich mich in meiner Freizeit mit Magazinen, Fachbüchern und sonstigen redaktionellen Inhalten zum Thema beschäftige.
Keine Sorge, ich will Sie jetzt nicht mit meinen besten Rezepten oder meiner Lieblingsküche nerven.
Sondern Ihnen aufzeigen, wie andere Branchen mit Veränderungen umgehen und was das alles mit Ihnen zu tun hat.
Die „Wirklichen“
Eine große Handelskette, nennen wir Sie der Einfachheit halber die „Wirklichen“, hat festgestellt, dass Kunden in Städten ein anderes Einkaufsverhalten als jene auf dem Land haben.
Kunden in der Stadt besitzen nicht unbedingt ein Auto, um einen Großeinkauf am Rande der Stadt zu machen.
Zudem gibt es mittlerweile 45% Single Haushalte, die natürlich ein anderes Einkaufsverhalten haben als Familienhaushalte.
Singles und Kunden in städtischen Umgebungen versorgen sich lieber in unmittelbarer Nachbarschaft.
Dort sind die Transportwege kurz und das Einkaufen lässt sich besser in den Alltag integrieren.
In den meisten Vierteln haben sich in den letzten Jahren kleine Ladenlokale angesiedelt.
Sie verkaufen frisches Brot oder bieten einen guten Kaffee an oder verwöhnen die Anwohner mit einem guten Mittagstisch.
Sicherlich kennen Sie solche Viertel auch in Ihrer Stadt.
Dabei wohnen dort nicht nur die „jungen Hipster“ und deren Familien, die sich ausschließlich ökologisch, fair und regional versorgen wollen.
Die Handelskette hat sich in mehreren durchschnittlichen deutschen Städten umgesehen und festgestellt, dass diese Viertel eine hohe Durchmischung von Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten haben.
Wollen Sie alle Kunden erreichen, müssen sie also ein Angebot kreieren, dass einerseits die Grundbedürfnisse der Allgemeinheit zu marktüblichen Preisen befriedigt, andererseits aber einen Mehrwert schafft, damit die Kunden das neue Angebot annehmen.
Die Lösung konnte nicht ein riesengroßes Sortiment in der Innenstadt sein, weil die Mietkonditionen das unrentabel machen würde.
Was also tun?
Klar war, dass es ein Konzept auf kleinem Raum werden musste, damit die Rentabilität sichergestellt werden kann.
Doch welcher zusätzliche Nutzen konnte den Anwohnern gegeben werden, damit sie vor Ort ihren alltäglichen Einkauf erledigen?
Die Lösung Teil I
Die Lösung war ein Geschäft, in dem der Kunde an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden einkaufen kann.
Und das in möglichst kurzer Zeit, weil heute niemand mehr Zeit mit aufwendigen Einkäufen zubringen möchte.
Natürlich nicht wie früher in einem klassischen Tante-Emma-Laden, mit einer freundlichen Bedienung hinter dem Tresen, die das Paket Kaffee über den Ladentisch reicht.
Es konnte also nur mit einer Art Selbstbedienung erreicht werden, weil sonst die Personalkosten das Projekt zunichte gemacht hätte.
Die Lösung Teil II
Herausgekommen ist ein zweigeteilter Raum, wobei der hintere das Warenlager ist und vom Kunden nicht einsehbar oder begehbar ist.
Der vordere Teil erfüllt eine doppelte Funktion:
Zum einen kann der Kunde hier seine Ware bestellen und abholen und zum anderen gibt es ein gemütliches Café, in dem der Kunde in Ruhe einen Kaffee trinken kann.
Wie geht das?
Der Einkauf funktioniert in diesem „Tante Emma Laden“ so:
Der Kunde wählt entweder am Terminal vor Ort oder auf der App auf seinem Handy seine Waren aus.
Dann löst er im Laden einen elektronischen Bezahlvorgang aus.
Nach der Bezahlung macht sich ein Roboter im hinteren Raum auf den Weg und sammelt die bestellten und bezahlten Waren ein, die dann in einem Korb dem Kunden zur Verfügung gestellt werden.
Mit Obst und Backwaren geht das nicht!
Das funktioniert super mit Waren, die dem Kunden bekannt sind oder wo er sich im Vorfeld über Art und Güte ein Bild machen konnte.
Bei frischen Produkten wie Obst, Gemüse und Backwaren funktioniert das nicht.
Das möchten wir als Kunden selber sehen, anfassen und uns entscheiden.
Das weiß auch die Handelskette und hat daraufhin diese Waren in den vorderen Teil des Ladens sortiert.
Ich höre schon die Unkenrufe: „Wie soll das denn gehen?“
Wer kontrolliert die gekaufte mit der entnommenen Ware?“
Die Antwort ist: NIEMAND
Vertrauensbasis
Die Handelskette „Wirklich“ spinnt den Gedanken des Kundennutzen weiter und schafft so einen ganz neuen Mehrwert:
Wenn Sie drei Äpfel aus dem Warensortiment gebucht und bezahlt haben und fünf mit nach Hause nehmen, fällt das niemandem auf. Sie müssen auch keine Strafe zahlen. Das Zauberwort lautet nämlich: VERTRAUEN
Vertrauen in die Kunden, die nur das mitnehmen, was sie auch bezahlt haben.
Das machen sie mit allen frischen Waren im vorderen Teil des Ladens.
Umweltbewusstsein
Das Konzept ist damit aber noch nicht vollständig.
Weil sich die Handelskette gerne umweltbewusst geben möchte, gibt es zum Einkauf auch eine kostenlose Baumwolltasche, die der Kunde für den Transport seiner Einkäufe kostenlos nutzen kann.
Hier gilt: Sharing is caring.
Er kann die Tasche also beim nächsten Besuch zurückbringen, damit ein anderer Kunde sie benutzen kann.
Die Idee mit dem eingegliederten Café hat mehrere Hintergründe:
Zum einen soll hier ein Ort des Wohlfühlens geschaffen werden (und damit die Wartezeit von 1-2 Minuten auf den Einkauf verkürzt werden), damit der Kunde gerne kommt.
Zum anderen wird hier die Nachbarschaft in das Projekt miteinbezogen, weil angebotenes Obst und Backwaren vom Bäcker bzw. Obst- und Gemüsehändler um die Ecke kommt.
So muss der Kunde nicht noch weitere Zeit in anderen Geschäften verbringen, hat dennoch kurze Transportwege und bekommt Waren aus der Region.
Wenn Sie die Wahl hätten? Was wäre Ihnen lieber?
Und mal ehrlich:
Wenn ich die Wahl hätte, einen guten Kaffee zu trinken und auf meine Waren zu warten oder mit einem vollen Warenkorb an der Kasse anzustehen.
Ich wüsste sofort, für was ich mich entscheiden würde…
Übrigens: Wenn Sie sich fragen, ob es nicht zu Beschwerden wegen des ausschließlich bargeldlosen Bezahlvorgangs gekommen ist, lautet die Antwort: nein.
Kein Mensch wollte dort bar zahlen.
Verblüffend, oder?
Jetzt haben Sie tapfer bis hierher gelesen und fragen sich vielleicht immer noch, warum ich in dieser Breite und Ausführlichkeit über dieses neue Ladenkonzept berichte.
Weil es ein Paradebeispiel für Sie und Ihre Branche ist.
Oder sein kann.
Vielleicht wollen Sie sich aber gar nicht verändern?
Vielleicht empfinden Sie alles, wie es bisher läuft, als absolut richtig und erhaltenswürdig?
Dann helfen Ihnen vielleicht diese Überlegungen:
Wozu etwas Neues machen? Es läuft doch alles gut.
Dieser Auffassung könnte man anhängen.
Die Geschichte zeigt, dass das auch die damalige Auffassung für die Einführung des Automobils war:
Wir haben doch Pferdekutschen. Wir brauchen kein Auto.
Fakt ist aber auch: Pferdekutschen werden heute als gängiges Transportmittel nicht mehr genutzt.
Das Beispiel will ausdrücken: IM MOMENT läuft alles noch wie gewohnt. Die Welt ändert sich und hat sich schon geändert. Die Digitalisierung zieht immer mehr in den Alltag der Menschen ein und verändert unser tägliches Verhalten.
Es wäre naiv anzunehmen, dass das für die Arbeit in Ihrer Kanzlei keine Auswirkungen hätte.
Meine Mandanten nehmen Änderungen nicht an.
Interessante Aussage.
Höre ich immer wieder und ist das Ergebnis dieser Einstellung:
Wenn ich mir nichts anderes vorstellen kann, kann es der Mandant auch nicht.
Ich erinnere mich gerne an die Abschaffung der Lohnsteuerkarte.
Da gab es auch die Unken, die gesagt haben, das klappt nie mit den neuen Bescheinigungen.
Und was war?
Es hat alles geklappt.
Ja, man muss vielleicht mehr erklären, hinweisen und Zeit investieren.
Ich habe zu keiner Zeit gesagt, dass es besonders leicht oder schnell geht, Veränderungen umzusetzen und durchzuhalten.
Wichtig ist, dass man anfängt und dranbleibt.
Tipp:
Planen Sie die Bedenken Ihrer Mandanten bei jeder Änderung mit ein und lösen Sie sie durch eine überzeugende Argumentation auf. Das überzeugt Sie selbst und Ihre Mandanten.
Meine Mitarbeiter nehmen die Änderungen nicht an.
Das ist ein typisches Beispiel dafür, dass über ihre Köpfe hinweg irgendwelche Neuerungen eingeführt wurden und sie am Prozess nicht beteiligt waren.
Änderungen bedeuten für alle zunächst Stress und Aufwand, weil sie sich anders als gewohnt verhalten müssen.
Machen Sie es Ihren Mitarbeitern und sich leicht und planen Sie alle Änderungen gemeinsam.
So können Sie sicher sein, dass alle mitmachen und einverstanden sind.
In Zukunft gibt es immer weniger qualifizierte Mitarbeiter.
Und das nicht, weil die Menschen immer dümmer werden.
Es werden nur schlicht weniger.
Die, die im Beruf bleiben, werden völlig neue Aufgaben und neue Skills lernen müssen, um bestehen zu können.
Das Heer der Buchhalter, die Monat für Monat ihre Buchführungen machen, wird in Kürze überflüssig werden, wenn sie nicht neue und sehr wahrscheinlich kompliziertere Tätigkeiten übernehmen können.
Das bedeutet für Sie, dass Sie sich überlegen sollten, mit welchen Mitarbeitern Sie die Zukunft Ihrer Kanzlei bestreiten.
Und mit wie vielen.
Entwickeln Sie besser schon heute einen Weiterbildungsplan für jeden Mitarbeiter und finden Sie Alternativen für diejenigen, die fachlich nicht mehr mithalten können oder wollen.
Dabei muss das keineswegs in eine Entlassung münden.
Heute und in Zukunft werden Teams immer interprofessioneller.
Vielleicht hat ja jemand, der lange Jahre Buchhaltungen gemacht hat, Spaß an redaktioneller Tätigkeit und übernimmt in Zukunft Ihre Website und Ihren Unternehmensblog?
Tätigkeitsfelder ändern sich.
Und das bei Ihren Mandanten und bei Ihnen.
Der ganze Onlinehandel- und markt wächst und bringt immer neue Geschäftsmodelle hervor.
Früher hatte der Fotograf sein Studio in der Stadt und die Kunden kamen zu ihm.
Heute reist er mit seiner Ausrüstung durch die Welt und nimmt dort Jobs an, wo sie ihm angeboten werden. Er braucht kein ortsansässiges Studio mehr. Ausrüstung und Laptop reichen völlig aus.
Damit verändert sich zwangsweise auch seine Buchführung und die Zusammenarbeit mit diesem Mandanten.
Von den digitalen Möglichkeiten und deren neuen Berufen ganz zu schweigen…
Menschen verändern sich.
Heutige Berufseinsteiger haben ein völlig anderes Werteverständnis von Arbeit und Freizeit.
Für Sie ist alles „irgendwie Leben“ und alles muss mit allem in Einklang gebracht werden.
Die klassische Trennung in Arbeit und Freizeit gibt es nicht mehr.
Dem werden Sie Rechnung tragen müssen, weil diese Menschen entweder Ihre Mitarbeiter oder/und Ihre Mandanten sind oder werden.
Sie haben auch eine völlig andere Erwartungshaltung an Sie.
Wenn Sie sich Ihnen gegenüber verhalten wie Ihren langjährigen Mandanten gegenüber, werden Sie sie schneller los sein als Ihnen lieb ist.
Veränderungen bedeuten Risiken.
Wenn Sie dieser Auffassung sind, bewundere ich Sie sehr, dass Sie sich einst selbstständig gemacht haben.
Weil auch das ein Risiko ist.
Das ganze Leben ist ja irgendwie ein Risiko, oder nicht?
Ich habe ein Geschenk für Sie:
Damit Ihnen diese Überlegungen leichter fallen, habe ich ein besonderes Geschenk an Sie:
Sie können sich die wichtigsten Fragen, die Sie sich stellen sollten, um Veränderungen zu ermöglichen, in einer schönen Liste von mir zuschicken lassen.
Und dann fangen Sie an.
Vielleicht mit einer neuen Überlegung?
Einer kleinen Änderung.
Und schauen, was passiert.
Wenn Sie richtig veränderungswillig sind, besprechen Sie die Fragen mit Ihren Geschäftspartnern, Mitarbeitern und mit Ihren Mandanten.
Sie werden erstaunt sein, welche tollen Ideen dabei herauskommen, die Ihnen allen das Leben etwas erleichtern und besser machen.
Wenn Sie die Liste haben möchten, schreiben Sie einfach eine E-Mail an kontakt@kanzleiprofiling.de
Ich schicke Sie Ihnen gerne zu.
Zurück zum Eingangsbeispiel:
Was haben die Verantwortlichen der Handelskette gemacht?
Sie haben sich zunächst Gedanken über ihre Kunden gemacht:
Wie sieht der Alltag meiner Kunden aus?
Zu welchen Zeiten gehen sie einkaufen?
Was kaufen sie ein und wie transportieren sie ihre Ware nach Hause?
Was möchte der Kunde bei einem Einkauf erleben und worauf möchte er am liebsten verzichten?
Übertragen auf Ihre Kanzlei:
Was wollen Ihre Mandanten?
Ja, ich weiß, Ihre Mandanten sind alle unterschiedlich.
Stimmt schon und stimmt auch wieder nicht.
Ich erlebe in meiner Arbeit immer wieder, dass dem Mandanten etwas zugeschrieben wird á la:
Der Mandant will jeden Monat persönlich in die Kanzlei kommen und seine Unterlagen abgeben bzw. abholen.
Ja, kann sein.
Kann aber auch nur sein, weil er es gewohnt ist und ihm keine Alternative angeboten wird.
Gefragt wird er übrigens nie, was mich immer wieder aufs Neue erstaunt
Was wollen Ihre Mandanten denn nun?
Braucht Ihr Mandant wirklich eine Vor-Ort-Betreuung bei sich in der Firma oder in Ihrer Kanzlei?
Oder reicht eine telefonische Kontaktmöglichkeit in aller Regel aus?
Wie oft sehen Sie Ihre Mandanten im Jahr zu einem persönlichen Gespräch?
Muss das denn auf jeden Fall in der Kanzlei oder den Räumen des Mandanten sein?
Oder könnte man sich nicht auch in einem angemieteten Raum oder in einem netten Café oder Hotel treffen, um Gespräche zu führen?
Und könnte man sich dann nicht gleich auch die Technik zunutze machen und den Mandanten digital seine Steuererklärungen unterschreiben lassen?
Technisch längst möglich.
Mit Akten beladen müssen Sie ganz sicher nicht mehr zu solchen Terminen. Da reichen Ihr Tablet oder Laptop sicher aus.
Ihr zusätzlicher Nutzen:
Das böte für Sie den Vorteil, die Kanzlei eventuell räumlich zu verkleinern oder an einen anderen Ort zu verlegen, wo die Miete zum Beispiel günstiger ist.
Wenn dann auch noch ein Teil der Mitarbeiter im Homeoffice arbeitet, brauchen Sie nicht mehr so viele Arbeitsplätze, die Sie bezahlen müssen. Klingt das jetzt interessant für Sie?
Wann arbeiten Ihre Mandanten?
Haben Sie viele Mandate unter den Gastronomen, brauchen Sie vielleicht gar keine Termine am frühen Vormittag anzubieten. Diese Zeit könnten Sie dann zum Beispiel für interne Besprechungen oder für „Intensivarbeitszeit“ nutzen, in der der Anrufbeantworter eingeschaltet ist, und alle Mitarbeiter in Ruhe und ohne Unterbrechungen von außen arbeiten könnten. Oder sie erklären sie zur offenen Gleitzeit.
Haben Sie dagegen überwiegend niedergelassene Ärzte, bieten Sie doch grundsätzlich den Mittwochnachmittag als offene Sprechstunde an. Da kann jeder Mandant in der Zeit von X bis X vorbeikommen. Das erspart unnötige Terminvergaben und bietet dem Mandanten die Möglichkeit, schnell eine Kleinigkeit persönlich zu klären.
Bilanzbesprechungen morgens um 6 Uhr?
Warum nicht, wenn´s passt.
Ich habe schon von Bilanzbesprechungen um 6:00 h morgens gehört.
Der Kollege war eine „Lerche“ und immer ganz früh im Büro und der Mandant ein Handwerker, der um sieben Uhr auf der Baustelle sein wollte. So machten sie eben die Bilanzbesprechnung um 6 Uhr.
Ja, richtig gelesen. Ich habe nur davon gehört. Erlebt habe ich das (zum Glück) nie persönlich, weil ich mich eher zu den „Eulen“ rechne.
Das könnte auch eine Überlegung wert sein:
Wann arbeiten Ihre Mitarbeiter am liebsten oder wann lassen sich die Arbeitszeiten am besten mit der jeweiligen persönliches Lebenssituation vereinbaren?
Mit ein wenig Geschick, Geduld und Zutrauen können Sie hier ganz individuelle Arbeitszeitmodelle konstruieren, die allen gerecht werden.
Vielleicht alles ganz anders?
Vielleicht können Sie zukünftig auch ganz auf feste Arbeits- und Öffnungszeiten verzichten.
Dann, wenn Ihre Mandanten auf anderen Wegen die Möglichkeit bekommen, ihre Fragen schnell und zuverlässig beantwortet zu bekommen. Wie wäre es mit einem Tablet für Ihre Mitarbeiter, das dann für solche Aufgaben genutzt wird?
Vielleicht mit einer Art Rufdienst, auch am Wochenende.
Das geht natürlich nur, wenn die Belegschaft einverstanden ist und Ausgleich an einer anderen Stelle geschaffen wird.
Kann für manche sehr interessant sein.
Ich werde mich an dieser Stelle nicht zu digitalen Abläufen auslassen. Das hören Sie überall und kommt Ihnen schon sicherlich an den Ohren und Nasen raus.
Mir geht es eher umso vermeintlich in Zement gegossene Annahmen und Verhaltensweisen, die nach ihrer Einführung niemals wieder überprüft und in Frage gestellt werden.
Fakt ist, die Welt ändert sich und Sie müssen mitgehen, wenn Sie nicht abgehängt werden wollen.
Es bietet aber auch immer die Chance, sich ein wenig neu zu erfinden.
Ihre Kanzlei, Ihre Werte
Die Handelskette wollte mit diesem Ladenlokal ihre Werte dem Kunden gegenüber sichtbar machen.
Welche Werte sind Ihnen wichtig?
Jetzt kommen Sie mir bitte nicht mit Seriosität, fachlich einwandfreier Arbeit und dem Vertrauensverhältnis.
Das haben Sie doch sowieso und daran hat sich in den letzten 80 Jahren nichts geändert.
Das ist auch eher eine Erwartungshaltung von Seiten des Mandanten.
Was ist Ihnen über die reine fachliche Bearbeitung „in time and budget“ noch wichtig?
Wofür wollen Sie mit Ihrer Kanzlei stehen?
Was können Sie besser als andere?
Was zeichnet Sie als Person und Ihre Kanzlei aus?
Oder auch: Wohin wollen Sie sich entwickeln?
Das kann ja ebenso ein Ziel sein. Vielleicht möchten Sie DER Spezialist für Mandanten im Online-Business werden?
Dann wäre es wichtig, das herauszustellen und dafür etwas zu konzipieren, das neu und wichtig für diese Mandanten ist.
Das sind Fragen, die zugegebenermaßen nicht einfach und schnell zu beantworten sind. Viele Kanzleien haben sich darüber noch keine Gedanken gemacht (oder machen müssen).
Bisher kamen die Mandanten von alleine und Akquise, Positionierung und Herausstellung der eigenen Werte waren nicht nötig.
Das ändert sich gerade. Es wird in Zukunft nicht mehr reichen, der Steuerberater um die Ecke zu sein, der einfach alles macht.
Was ist denn „alles“, wenn Mandanten ihre Buchführung selber machen und wovon wollen Sie zukünftig leben?
Zukünftige Mandanten werden sehr viel preiskritischer sein und da sollten Sie gute Argumente haben, weshalb der Mandant für die und die Leistung das und das bezahlen soll.
Spezialisierung ist nötig
Wenn Sie sich schon auf eine Branche spezialisiert haben:
Was könnte diese Branche noch von Ihnen als Steuerberater bekommen? Können Sie ein bestimmtes Produkt entwickeln, eine besondere Auswertung konzipieren, eine fachspezifische Weiterbildung dazu machen?
Das sind Fragen, die sich m.E. jeder Steuerberater stellen sollte.
Die Zeit, wo ein Steuerberater alle möglichen Branchen abgerechnet hat, ist vorbei. Die Welt wird komplexer und Spezialistenwissen ist gefragter denn je.
Bleiben wir noch einmal bei dem Einkaufsladen:
Welches Erlebnis, welchen Komfort möchten Sie Ihren Mandanten bieten?
Gibt es zum Beispiel ein festes Preismodell, in dem alle Leistungen des Jahres enthalten sind und bei der der Mandant monatlich eine feste Summe zahlt?
Das kann sehr attraktiv sein, weil dann „böse Überraschungen“ wie die zusätzliche Rechnung für den Jahresabschluss ausbleiben.
Ist es die Möglichkeit, dass die Mandanten ihre Auszubildenden für drei Monate zu Ihnen zu einem Praktikum schicken können, damit sie mehr von Buchführung verstehen?
Was auch immer es ist:
Fragen Sie sich, welchen Service Sie über die reine Dienstleistung hinaus noch bieten können.
Das ist vergleichbar mit einem 5 Sterne Hotel:
Sie wissen, dass Sie als Kunde eine sehr gute Leistung für viel Geld erwarten dürfen.
Wenn das Hotel sich gemerkt hat, dass Sie die Heizung im Zimmer höher gedreht haben und Sie beim nächsten Besuch mit der Nachricht empfangen werden, dass das Zimmer bereits wärmer ist.
Wie finden Sie das?
Das ist eben das Tüpfelchen Service, mit dem man nicht unbedingt gerechnet hat.
Genau das führt aber wahrscheinlich dazu, dass Sie sich als Gast dort besonders wohlfühlen und das Hotel weiter empfehlen.
Was ist also Ihr „I-Tüpfelchen“, mit dem der Mandant nicht rechnet, ihm aber ein Lächeln auf´s Gesicht zaubert?
Der Steuerberater als Netzwerker seiner Mandanten
Vielleicht werden Sie auch zur Schnittstelle zwischen Ihren Mandanten? Quasi als Netzwerk.
Wenn Sie sich auf eine oder wenige Branchen spezialisiert haben, kann ich Ihnen das nur sehr empfehlen.
Schaffen Sie Raum zum Austausch.
Ihre Mandanten und Sie können davon nur profitieren.
Vielleicht starten Sie mit einer kleinen Vortrags- oder Workshop Reihe zu Themen, die speziell auf diese Mandatschaft ausgerichtet ist.
Ihre Mandanten schätzen solche Einladungen sehr und Sie schaffen damit eine andere Wahrnehmung bei Ihren Mandanten.
Zudem werden Sie über solche Aktionen noch viel mehr als Spezialist für die Branche empfunden.
Ich hoffe, Sie konnten hier den einen oder anderen Tipp für sich und Ihre Kanzlei mitnehmen.
Wirklich wichtig ist mir, Sie zu ermutigen, sich und Ihr Tun zu hinterfragen, damit Sie auch zukünftig auf Erfolgskurs bleiben.
Das Ende ist in Sicht!
Wow, vielen Dank, dass Sie bis hierhin gelesen haben!
Ich habe lange überlegt, ob ich einen solch umfangreichen Artikel einstellen soll.
Aber dann kam meine positive Einschätzung meiner Leser ins Spiel und damit war klar, dass Sie ja ohnhin darüber entscheiden, ob, wie viel und wie lange Sie lesen.
Mir war es ein Anliegen, das in Ruhe einmal ausführen zu können.
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Ihre Marion Ketteler
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Martin Heim
Hallo Frau Ketteler,
wirklich wieder ein sehr schöner Blog. Allerdings auch sehr lang.
Ich fasse die Gespräche mit Mandanten oft so zusammen:
Sie sind der Kunde, ich bin der Dienstleister – So wie Sie es wollen, machen wir das.
Meistens funktioniert das prima. Wenn die Wünsche nicht sinnvoll oder nicht umsetzbar sind, wird dies im Vorfeld oder nach einer Testphase kommuniziert. Den Rest regelt der Geldbeutel.
Liebe Grüße