5 Fehler, die Sie als Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch auf keinen Fall machen sollten Marion Ketteler Kanzleiprofiling

5 Fehler, die Sie als Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch auf keinen Fall machen sollten

In Zeiten des Fachkräftemangels ist jedes Bewerbungsgespräch für Sie als Arbeitgeber an sich ja schon einmal richtig gut. Vorausgesetzt, Sie haben den richtigen Bewerber für die Vakanz vor sich und Sie machen keinen der 5 folgenden Fehler:

# Fehler Nr. 1: Sie erzählen im Bewerbungsgespräch nur von sich und der Kanzlei

Das Bewerbungsgespräch ist ein Kennenlerngespräch – für beide Seiten.
Wenn Sie nur von sich und der Kanzlei erzählen (auch in bester Absicht, damit der Bewerber sich ein umfassendes Bild über sie machen kann), vergessen Sie, dass es in diesem Gespräch vor allem darum geht, sich persönlich kennenzulernen und sich ein Bild vom jeweils anderen zu machen.
Gerade in kleinen Kanzleien, wo der Kontakt um Chef zum Alltag gehört, ist das noch wichtiger. Wenn Sie allerdings nur monologisieren und über Dinge in Ihrer Kanzlei sprechen, mit denen der Bewerber u.U. gar nichts anzufangen weiß, langweilen sie ihn und er wird sich sicherlich nicht für Ihre Kanzlei entscheiden.
Eine gute Faustregel ist 70/30. Sie haben einen Redeanteil von 30% und der Bewerbende hat einen Redeanteil von 70%.

Wenn Sie nicht genau wissen, wie Sie das Gespräch dahin lenken können, helfen Ihnen vielleicht die 4 Methoden für gute Gesprächsführung weiter.

# Fehler Nr. 2: Sie erwarten vom Bewerber, dass er sich mit Ihrer Firmengeschichte beschäftigt hat

Firmengeschichten sind vor allen Dingen eins: laaaangweilig. Eigentlich interessieren Sie nur den Kanzleiinhaber oder dessen unmittelbaren Nachfolger.
Für den Bewerber ist es völlig uninteressant und ohne Bedeutung, dass Sie die Kanzlei vor 35 Jahren mit Peter Schmitz gemeinsam gegründet, in 2018 eine Kanzlei übernommen oder sie von Ihrem Vater geerbt haben, der als Faktotum immer noch durch die Flure geistert. Ok, den letzten Punkt sollten Sie erwähnen – er sagt mehr über Ihre Unternehmenskultur aus, als Ihnen lieb und recht ist.

Neue Mitarbeitende nehmen die Umstände, die sie erleben, als gegeben hin. Wann sich etwas etabliert hat oder eingeführt wurde, ist ihm oder ihr egal – für ihn oder sie ist einfach nur wichtig, dass es jetzt so ist.
Nutzen Sie die Gesprächszeit im Bewerbungsgespräch lieber dafür, etwas mehr über den Bewerbenden zu erfahren.

# Fehler Nr. 3: Fragen Sie nie wieder nach den Schwächen beim Bewerber

Klassiker im Bewerbungsgespräch und so obsolet wie nur irgendwas.
Eine Ente wird nie zum guten Kletterer, egal, wie doll sie übt. Ein Fisch übrigens auch nicht.
Sind sie deshalbe „schlechte Tiere“? Na ja, wenn Sie einen Kletterwettbewerb gewinnen wollen, würde ich an Ihrer Stelle auch lieber auf Affe oder Steinbock setzen, aber bei der Steuerberatung sind Kletterkünste eben nicht ausschlaggebend.
Will sagen: Kümmern Sie sich um die Stärken und Talente Ihrer Mitarbeitenden, nicht um deren Schwächen. Die grundsätzliche Eignung haben Sie ja schon im Vorfeld geprüft – sonst säße der Kandidat ja nicht vor Ihnen.

An den Stärken und Talenten zu arbeiten, bringt Mehrwert für beide Seiten: wer voll in und aus seiner Stärke heraus arbeiten kann, wird dort aller Voraussicht nach sehr gut sein. Wer sein Talente einsetzen kann und diese gefördert werden, wird sich wohl so richtig ins Zeug legen.
Wenn Sie von mir als schlechter Schwimmerin erwarten, schneller und besser zu werden, wird meine Motivation schon beim Einstieg ins Wasserbecken unterirdisch sein und jeden Meter, den ich gezwungen werde, zu schwimmen, wird nicht dazu beitragen, dass sie sich hebt.

Sollte sich im Verlauf der Beschäftigung herausstellen, dass beim neuen Mitarbeiter Schwächen zutage treten, die sich negativ auf die Zusammenarbeit auswirken, können Sie ja immer noch das Gespräch suchen.

Noch ein weiterer Grund spricht dagegen: Die Frage schwächt den Bewerber. Wenn jemand darüber nachdenken muss, was ihm schwer fällt oder worin er nicht gut ist, wirkt sich das auf seine Verfassung aus. Und dann soll er das auch noch vor einem Fremden äußern, obwohl er sich doch eigentlich von seiner besten Seite zeigen möchte.

Der Bewerber ist ohnehin schon in einer angespannten Situation: er persönlich und seine Leistung wird von jemandem beurteilt, den er weder persönlich kennt noch für den er gearbeitet hat. Dann auch noch über seine Schwächen berichten zu müssen, trägt nicht dazu bei, den Bewerber zu entlasten. Wenn es eine Frage in diese Richtung sein muss, fragen Sie besser nach den Stärken oder Wünschen des Bewerbers.

# Fehler Nr. 4: Zeigen Sie Ihrem Bewerber nicht nur das Besprechungszimmer

Dieser Tipp entspringt einer eigenen leidvollen Erfahrung: ich saß im Besprechungsraum meines nächsten Arbeitgebers. Alles sah toll aus und gefiel mir ausnehmend gut.

An meinem ersten Arbeitstag stellte ich fest, dass man mir innerhalb eines großen Raums, indem drei weitere Personen arbeiteten, die dunkelste Ecke zugewiesen hatte, die zudem noch mit schallisolierenden Platten vom Rest des Raums abgetrennt war. Ein Kaninchenstall fühlte sich dagegen luftig und großzügig an.

Bisher hatte ich überall schöne Einzel- oder Zweierbüros kennengelernt und ich wäre niemals auf die Idee gekommen, dass man mir das zumuten würde.
Ich habe am selben Tag gekündigt. Ich konnte mir keinen weiteren Tag dort vorstellen. Und mehere Jahre schon mal gar nicht. Auf Nachfrage am ersten Tag wurde mir nur lapidar mitgeteilt, dass es keine anderen Räumlichkeiten für mich gäbe – ja, dann gab es mich da eben auch nicht.

Also: gehen Sie mit dem Bewerber ruhig durch Ihre Kanzlei. So kann er sich wirklich ein eigenes Bild machen. Das Beste wäre sogar, wenn Sie ihm seinen zukünftigen Arbeitsplatz direkt zeigen könnten. Dann hat er mehr Informationen darüber als Sie mit Worten ausdrücken könnten. Und es bewahrt Sie vor spontanen Kündigungen!

PS: Ich habe mir übrigens in allen weiteren Bewerbungsgesprächen grundsätzlich die Räumlichkeiten zeigen lassen. Was manchmal zu erstaunten Gesichtern führte 😁.

# Fehler Nr. 5: Vergessen Sie nie wieder, Feedback zum Gespräch und Ausblick auf das weitere Vorgehen zu geben

Das Gespräch ist zuende und die Verabschiedung naht. Jeder hat sich einen Eindruck gemacht. Jetzt fehlt nur noch das Feedback – ehrlich und wertschätzend. Damit der Bewerber sein eigenes Empfinden mit Ihrem abgleichen kann.

Vergessen Sie bitte auch nicht, dem Bewerber zu erzählen, was die nachfolgenden Schritte sind:


+ was passiert konkret nach dem Gespräch?
+ wie lange dauert es, bis der Bewerber eine Rückmeldung erhält?
+ in welcher Form erfolgt die Rückmeldung?

Wenn Sie dem Bewerber diese Informationen ungefragt zukommen lassen, zeigen Sie, dass Sie verstanden haben, was dem Bewerber jetzt wichtig ist. Er möchte Klarheit bekommen und die geben Sie ihm.

Das waren meine 5 Tipps. Ich hoffe, Sie helfen Ihnen, richtig gute Bewerbungsgespräche zu führen. Wie Sie mit richtig guten Absagen an Bewerber dennoch Ihr Arbeitgeber Image stärken, können Sie hier nachlesen: Gute Absagen an Bewerber sträken Ihr Arbeitgeber Image.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert