Das sollten Sie niemals in Ihre Stellenanzeige schreiben Marion Ketteler Kanzleiprofiling

Das sollten Sie niemals in Ihre Stellenanzeige schreiben

Heute wird es handfest:
Ich zeige Ihnen Dinge auf, die Sie niemals, auf keinen Fall, gar nicht und überhaupt nie in Ihre Stellenanzeige schreiben sollten- weil es weder Ihnen noch dem Bewerber nützt.

Wörter können viel aus – oder anrichten

Es ist merkwürdig:
Obwohl so viele Kanzleien auf der Suche nach Bewerbern sind, spiegeln die Stellenanzeigen das nicht wider.
Anders kann ich mir die Ideenlosigkeit, Austauschbarkeit und Lieblosigkeit der allermeisten Anzeigen nicht erklären. Überall lese ich dieselben nichtssagenden Floskeln.

Damit ist jetzt Schluss:
Heute, hier und jetzt bekommen Sie nicht nur die absoluten No-gos genannt (und begründet), sondern Sie bekommen auch ALTERNATIVEN!

Wörter können so viel mehr als Schaden anrichten! Sie können begeistern, entzücken, wertschätzen, umschmeicheln, umgarnen…

Interessiert?

Da ist schon der erste Killer. Gerne auch in der Kombi mit:

„Interessiert? Dann senden Sie uns Ihre vollständigen Bewerbungsunterlagen unter Nennung Ihres Gehaltswunsches und des frühenstmöglichen Eintrittstermins an XY.“

Im Ernst?
Na ja, wenn ich nicht interessiert wäre, was würde passieren?
Sie würden einfach nichts von mir bekommen.
Wenn jemand seine Bewerbungsunterlagen verschickt, IST ER INTERESSIERT.
Was soll diese Frage? Wem nützt sie?
Viele meinen, dass diese Aufforderung einfach in jede Stellenanzeige gehört. Sie haben vielleicht von schlauen Marketern gehört, dass man am Ende einen sogenannten Call-to-action Button, also eine Aufforderung zu einer Handlung, setzen soll.
Stimmt und macht an vielen Stellen Sinn. Aber bitte nicht mit „Interessiert“.
Alternative Formulierungen gibt es weiter unten.

Auch die Aufforderung, vollständige Bewerbungsunterlagen zuzuschicken, macht mich regelmäßig stutzig. Was befürchten die Arbeitgeber? Dass ich eine „Best of“ Liste meiner Zeugnisse schicke? Oder keinen Lebenslauf, weil ich heute einfach keine Lust habe, ihn dabei zu legen?

Oder ist das ganz anders gemeint und es soll ein Hinweis auf ganz bestimmte Unterlagen enthalten? Quasi so ein Geheimkodex: Alle Eingeweihnten wissen, was darunter zu verstehen ist.
Und die anderen: die interessieren mich nicht, weil ich mir meine Bewerber ja aussuchen kann.

Ehrlich, Leute, das ist „80iger Jahre Sprech“, als ich mit einer Flut von Bewerbern rechnen und als Arbeitgeber eine Vorauswahl nach Unterlagen, Gehaltswunsch, Eintrittsdatum und sonst noch was vornehmen konnte.

Diese Zeiten sind vorbei.

Streichen Sie diesen Satz bitte FÜR IMMER aus Ihren Stellenanzeigen und aus Ihrem Gedächtnis. Sie brauchen ihn nicht mehr. Nie wieder. Auch nicht irgendwann. Versprochen.

Wie wäre es mit diesen Alternativen?

So:
„Rufen Sie uns doch einfach an und wir verabreden uns auf eine Tasse Kaffee. Sollten wir uns sympathisch sein, ist immer noch genug Gelegenheit für den Papierkram. Wir freuen uns schon jetzt auf Ihren Anruf!“

Oder:
„Wer bis hierher gelesen hat, wird belohnt: Hinterlassen Sie uns doch Ihre Telefonnummer, damit wir Sie kontaktieren können. Weil Sie uns schon jetzt wichtig sind. Vielleicht sind wir ja Ihr neuer Arbeitgeber!“

So geht es auch:
„Damit wir uns vor unserem ersten gemeinsamen Gespräch gut auf Sie vorbereiten können, schicken Sie uns doch bitte Ihre letzten beiden Zeugnisse und etwas, was wir über Sie wissen sollten.
Damit Sie nicht im Dunkeln tappen:
Wir interessieren uns für Sie als Mensch und als Mitarbeiter:
Was mögen Sie?
Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Welche Dinge lieben Sie in Ihrer Arbeit und auf was könnten Sie gut und gerne verzichten?
Wir freuen uns schon sehr auf unser Kennenlernen.“

Oder auch so:
„Um es kurz zu machen: wir sind sehr an Ihnen interessiert! Und schon so gespannt, ob das Interesse gegenseitig ist. Schreiben Sie uns bloß keinen Brief, der dauert viel zu lang! Rufen Sie uns an, mailen Sie, nutzen Sie WhatsApp. Damit wir uns endlich kennenlernen.“

Das sollten Sie niemals in Ihre Stellenanzeige schreiben
Wer ist an wem interessiert?

Wer ist nochmal an wem interessiert?

Wenn Ihnen meine Vorschläge zu

  • flapsig
  • umgangssprachlich
  • schnöde
  • unprofessionell
  • unseriös
  • ….

vorkommen, kann ich Sie beruhigen. So dürfen Sie heute schreiben. Auch als seriöse Steuerberatungskanzleien.
In jeder seriösen Kanzlei haben ich bisher Menschen angetroffen. So welche wie Sie und ich.
Und jede Kanzlei wirkte auf mich seriös.

Und genau solche Menschen wollen Sie ja erreichen. Auch als Steuerberater oder Partner stellen Sie ja zu aller erst einen Menschen ein.


Vielleicht haben Sie es bemerkt: Ich habe in meinen Sätzen den Leser direkt angesprochen und ihm unmissverständlich gesagt, was er tun soll. So einfach und klar wie möglich.
Weil ich es ihm so einfach wie möglich machen möchte.
Was glauben Sie würde ein Interessent tun, wenn ich ihm nur sagen würde, dass er uns als Mensch interessiert und mal etwas über sich schreiben soll.
Er würde nicht wissen, was von ihm erwartet würde. Er hätte Sorge, in ein Fettnäpfchen zu treten. Das kann er geschickt umgehen, wenn er sich einfach gar nicht bewirbt. Und genau das Gegenteil soll ja erreicht werden.

Eine einfache Regel:
Schreiben Sie so genau und einfach wie möglich, was der Leser tun soll.
Und vielleicht auch noch, warum. Gerade das warum kann ein echter Türöffner sein: Indem ich dem Leser sage, dass wir uns auf das Gespräch mit ihm vorbereiten, machen wir eine klare Aussage: Du bist uns wichtig. Wir bereiten uns vor. Das mögen Menschen.

Stellenanzeigen no gos
Marion Ketteler

Wen interessiert das?

Ein Klassiker. Immer wieder gern genommen. Immer wieder steht diese Killerphrase am Anfang schlechter Stellenanzeigen.
Das Gute an ihr: Wenn diese zwei Wörter am Anfang stehen, braucht man gar nicht weiter zu lesen.
Weil: hier hat man noch nicht verstanden, wie Bewerberansprache geht. Probieren Sie es aus. Es stimmt immer!

Diese zwei an sich harmlosen Wörter lauten: „Wir suchen“.
„Ach was“ höre ich Loriot aka Bernhard-Viktor Christoph Carl von Bülow mir ins Ohr sagen.
Das ist ja ein Ding! Und so völlig unerwartet.
Sie suchen einen Mitarbeiter. Ah, und deshalb veröffentlichen Sie an selber Stelle eine Stellenanzeige. Sie sind ja ein echt schlauer Fuchs.

Genug des Spottes! Es ist ja sehr schön, dass Sie einen Mitarbeiter suchen. Sonst hätten Sie ja wohl kaum eine Stellenanzeige veröffentlicht.
Abgesehen von dieser erschreckenden Banalität (auf die kein Unternehmen stolz sein dürfte), ist diese Aussage für den Bewerber völlig nutzlos.

Ehrlich: Wissen Sie, wie egal es mir ist, wenn Lufthansa, BMW, die Deutsche Bank oder Kleinwaren Müller um die Ecke neue Mitarbeiter sucht, während ich gerade nicht auf der Suche nach einem Job bei ihnen bin?

Mein ebenso banaler Tipp:

Einfach weglassen!
Der Interessent kommt schon selber auf die Idee, dass Sie einen Mitarbeiter gebrauchen könnten, wenn Sie eine Stellenanzeige schalten. Vertrauen Sie mir!

Interessiert Sie die Sache mit dem Prinzip?

Prin·zip/Prinzíp/ Substantiv, Neutrum [das]
Grundsatz, den jemand seinem Handeln und Verhalten zugrunde legt.

Prinzipien scheint etwas zu sein, das Menschen mögen.
Prinzipien geben Richtungen und Orientierung vor.
Nichts dagegen einzuwenden.
Aber: Prinzipien sind auch immer nur ein Grundsatz (s.o.). Und wie wir alle wissen: Im Prinzip tun wir das und jenes, aber in der Praxis…

Der neueste heiße Sch… ist das „Prinzip der offenen Tür“. Steht genau so in Stellenanzeigen. Hat sich irgendwie verbreitet und viele fahren auf diese Formulierung ab.

Ich nicht. Ich möchte nicht, dass mein/e ChefIn ein „Prinzip der offenen Tür“ hat. Was heißt das denn?
Steht die Tür immer offen? Kann man nie ein Gespräch unter vier Augen führen?
Im Prinzip kann ich reinkommen, aber….?

Warum macht man es denn so kompliziert? Schreiben Sie einfach hin, was Sie meinen:

„Wir haben ein offenes Ohr für Sie.“
„Wie sind bei allen Fragen für Sie erreichbar.“
„Wir arbeiten gerne mit Ihnen zusammen. Wann immer etwas unklar ist, fragen Sie uns einfach.“
„Wir schotten uns als Chefs nicht ab. Jeder kann bei Fragen gerne auf uns zukommen.“
„Wir nehmen uns gerne Zeit für Sie. Wenn Sie Fragen haben, kommen Sie einfach in unser Büro.“

Das sollten Sie niemals in Ihre Stellenanzeige schreiben.
Statt Superheld doch nur Lohnbuchhalter?

Prinzipiell Payroll Aktivisten gesucht

Noch so eine merkwürdige Erscheinung. Da machen sich zwei junge, hippe Steuerberater auf, gemeinsam eine Kanzlei zu gründen.
Wie es fast immer ist, machen Sie am Anfang alles alleine.
Um kurze Zeit später festzustellen: Wir brauchen Mitarbeiter.

Sie haben einen coolen Webdesigner beschäftigt, ihre Website zu gestalten. Sie sieht gut aus, ist modern und irgendwie auch ein bisschen anders. Es wird viel Wert auf die Werte gelegt und darauf, dass die Mitarbeiter doch bitte auch „cool“ sein sollen, wenn sie sich bewerben. Wie man das auch immer herausfinden soll…

So weit, so cool. 😎
Diese Webdesigner haben aber keine Ahnung von Recruiting.
Sonst hätten Sie sicherlich die Inhaber davon überzeugt, dass die Stellenanzeige nicht der Ort ist, um hippe neue Berufsbezeichnungen zu erfinden.
Ok, der „Payroll Aktivist“ ist meine Kreation. Sie suchen „nur“ einen Payroll Specialist. Aber welcher Lohnbuchhalter findet das? Er weiß im Zweifel gar nicht, dass das eine alternative Bezeichnung für seine Tätigkeit ist.
Jungs, Ihr seid vielleicht cool, aber Coolness bringt keine Mitarbeiter.

Noch ein paar Beispiele gefällig?
Steuerhelden, Steuerlotsen, Steuermänner, Steuerfrauen, Steueroptimierer.
Ja, die Steuerberatung ist klasse, keine Frage.

Hier bleibt es (ausnahmsweise mal klassisch): Benennen Sie die Berufe so, wie es die Bewerber gewohnt sind. Sie suchen ja nach ihrem Beruf und niemand gibt „Steuerheld“ ein, wenn er auf der Suche nach einer Bilanzbuchhalterstelle ist. Und es nützt die tollste und witzigste Wortschöpfung herzlich wenig, wenn Ihre Anzeige nicht gefunden oder überlesen wird.

Aktivitäten der Suchenden sind prinzipiell…

Ja, und dann noch das:
Viele Unternehmen protzen mit dem, was sie vorhaben:
„Wir wollen weiter wachsen und brauchen daher Sie, den engagierten Teamplayer in unserem Büro XY.“

Zurück zum Nutzen für den Bewerber: Wenn Sie Mitarbeiter befragen, was es für sie bedeutet, wenn das Unternehmen auf Wachstumskurs ist, lauten die Anworten:

  • Stress
  • Mehrarbeit
  • neue und unbekannte Prozesse/Programme
  • längere Arbeitszeiten
  • Unsicherheit

Klingt nicht gerade nach einem Vorteil für den Bewerber, oder?
Zumal das „Wir brauchen einen engagierten Teamplayer“ auch keinen Nutzen für den Bewerber selbst darstellt, sondern nur für die Firma respektive die Kollegen.

Keine gute Idee. Kommen Sie vom „Wir“ zum „Sie“. Nehmen Sie die Perspektive des Bewerbers ein und schreiben Sie für ihn. Nicht für Ihr Unternehmen.

Machen Sie aus „Ihren Zielen, Wünschen, Vorhaben, Herausforderungen“ ein attraktives Angebot für den Leser.
So dass er gar nicht anders kann, als sich bei Ihnen zu bewerben.

Aus:
„Wir sind eine innovative, wachsende Kanzlei, die für sich erkannt hat, dass die Digitalisierung zum entscheiden Wettbewerbsvorteil wird…“

Wird:
„Sie begeistern sich für neue digitale Formen der Zusammenarbeit? Dann geben wir Ihnen gerne die Möglichkeit, sich für unsere Mandanten Lösungen auszudenken und diese umzusetzen. So kommen wir gemeinsam unserem Ziel näher: richtig gute Steuerberatung mit modernster Technik.


Im Prinzip war´s das

Es interessiert niemanden, der nicht interessiert ist.
Sagen Sie möglichst einfach und genau, was der Bewerber tun soll.
Vergessen Sie „Wir suchen“. Der Leser merkt es auch ohne den Hinweis.
Prinzipien sind toll aber nichts für die Stellenanzeige.
Wählen Sie gängige Berufsbezeichnungen und toben Sie Ihre Kreativität an anderer Stelle der Stellenanzeige aus.
Was Sie wollen, will der Bewerber nicht unbedingt. Machen Sie ihm ein attraktives Angebot.

Wenn Sie noch mehr zu diesem Thema interessiert: Schauen Sie sich meinen Artikel „Wollen Sie überhaupt, dass sich Bewerber auf Ihre Stellenanzeige bewerben.“ an.

Basics zur Mitarbeitergewinnung und eine Anleitung für Ihre ersten Entscheidungen finden Sie im Blog Beitrag „Mitarbeitergewinnung in Kanzleien.“

Etwas ausführlicher habe ich mir die „Mythen zum Fachkräftemangel in der Steuerberatung“ angesehen und 10 identifiziert. Aber Vorsicht: dieser Artikel hat es in sich und ist mit einer Warnung versehen. Also nur lesen, wenn Sie absolut sicher sind!





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